Leserbrief zum Artikel im Westfälischen Ärzteblatt

In der März Ausgabe 2017 des Westfälischen Ärzteblattes ist der Beitrag „Evidenz – Glaube – politische Adelung“ von Prof. Dr. med. Norbert Schmacke (Hochschullehrer am Institut für Public Health und Pflegeforschung der Universität Bremen und stellvertretendes unparteiisches Mitglied im Gemeinsamen Bundesausschuss) veröffentlicht.
Siehe Link Seite 26 f: https://www.aekwl.de/fileadmin/aerzteblatt/pdf/waeb0317.pdf

Eine Kollegin hat uns darauf aufmerksam gemacht und wir haben einen Leserbrief an die Redaktion geschickt. Da einem anderen Leserbrief der Vorzug gegeben wurde, siehe Link Seite 28: https://www.aekwl.de/fileadmin/aerzteblatt/pdf/waeb0517.pdf, veröffentlichen wir unseren Leserbrief an diese Stelle.

Leserbrief zu Norbert Schmacke: Evidenz – Glaube – politische Adelung. Westfälisches Ärzteblatt 03/17: 26-27

Schmacke urteilt pauschal und rigoros über alle Methoden der Komplementärmedizin und lässt es an Differenziertheit fehlen. Ihre Wirkung sei nicht belegt und deshalb sei kein Platz für sie in der Medizin. Zumindest auf Teile der Phytotherapie trifft dies nicht zu. Die Wirkung einiger Phytotherapeutika ist evident und es existieren Vorstellungen über die Wirkungsabläufe, die auf den gleichen Modellen beruhen wie die der konventionellen Medizin. Es darf nicht übersehen werden, dass Pflanzeninhaltstoffe wie Atropin, Herzglykoside, Opioide, Taxane, u.v.a. anerkannte Arzneimittel der konventionellen Medizin sind. Vor diesem Hintergrund ist Schmackes Urteil falsch.
Auch der Forschungsreader der WissHom, der den Stand  der wissenschaftlichen Erforschung der Homöopathie wiederspiegelt, erregt seine Kritik. Zugestanden, die Ankündigung ist plakativ. Der Inhalt zeigt allerdings eine selbstkritische und sehr vorsichtige Positionierung zu Ergebnissen der Versorgungsforschung, klinischer Studien, Metaanalysen und Grundlagenforschung zur Homöopathie.
Treten Mediziner und Wissenschaftler mit unterschiedlichen Ansichten in einen Dialog ist das der Normalfall eines wissenschaftlichen Diskurses. Ist die Art und Weise wie Schmacke über die Initiatoren und Teilnehmer des Dialogforums Pluralismus in der Medizin schreibt Ausdruck dafür, dass er von solcher Wissenschaft nichts hält?
Wir leben in Deutschland in einer pluralistischen Gesellschaft mit dem Recht auf Selbstbestimmung für jeden Menschen. Solange das so ist, wird auch ein Pluralismus der Methoden in der Medizin Bestand haben. Dies stellt eine Herausforderung dar für alle, die in der Medizin tätig sind. Versucht Schmacke sich dieser Herausforderung zu entziehen in dem er der Komplementärmedizin ihre Teilhabe an der Medizin abspricht? Die Politik hat es besser verstanden und die Voraussetzung für den Dialog geschaffen. Ein Dialog, der auch in vielfältiger Weise als Korrektiv wirkt, beispielsweise indem er die Bedeutung einer „sprechenden Medizin“ bewusst macht. Es geht in der Medizin um das Wohl kranker Menschen. Auch hier ist es gut, dass die Politik der Auffassung Raum gibt, dass Patienten mitbestimmen was mit ihnen geschieht.

Roger Rissel
Karin Rohloff
Kunigunde Stolz
Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Klassische Homöopathie e.V.